Erste Ergebnisse der Studie zum Fernreiseverhalten der Deutschen in Krisenzeiten erschienen

Vor dem Hintergrund multipler Krisen (COVID-19, Krieg in der Ukraine, Klimawandel, Inflation) wird vielfach über sich möglicherweise ergebende Anpassungen im Reiseverhalten diskutiert. Insbesondere Fernreiseziele wie Südafrika scheinen infolgedessen für deutsche Reisewillige unattraktiver zu werden. Das Deutsche Institut für Tourismusforschung der FH Westküste hat vor diesem Hintergrund in einem auftragsunabhängigen Forschungsprojekt gemeinsam mit dem Forschungsinstitut „Research in Economics, Environs and Society: TREES“ der Partnerhochschule NWU in Südafrika untersucht, wie die Deutschen derzeit zu Fernreisen stehen und Fernreiseziele wahrnehmen. Erste Ergebnisse der Studie sind jetzt in Form eines kostenfrei zugänglichen Chartberichts erschienen.

Im Ergebnis zeigt sich, dass Deutsche mit genereller Auslandsreiseabsicht in den nächsten drei Jahren umfangreiche Erfahrungen mit Fernreisen, definiert als Reisen außerhalb Europas und des Mittelmeerraumes, haben und mehr als die Hälfte der Befragten diese auch in den nächsten drei Jahren ernsthaft in Betracht zieht. Selbst während der Covid-19 Pandemie unternahm etwa jeder dritte Befragte mindestens eine Fernreise. Auf die Frage, ob der Wunsch, eine Fernreise zu unternehmen größer ist als vor drei Jahren, d.h. in der "Vor-Krisenzeit", ergibt sich ein geteiltes Bild: Etwa 40% (Top-2-Werte) zeigen ein gewachsenes Interesse an Fernreisen, aber etwa genauso viele zeigen ein gegenteiliges Bild. Die Krisen können also sowohl zu einem gesteigerten Fernweh, als auch zu einer größeren Zurückhaltung führen. Zentrale Reisemotive für Fernreisen sind Naturerlebnisse und neue Eindrücke (jeweils 72%) sowie Entspannung (68%), Wohlbefinden und Flucht aus dem Alltag (je 64%).

Die jüngste Altersgruppe (18-29 Jahre) hat über alle Fragen hinweg das größte Interesse an Fernreisen, die Altersgruppe 60-74 Altersgruppe das geringste. Außerdem zeigt sich, dass Personen mit mittlerem Bildungsstand und mittlerem bis hohem Einkommen besonders an Fernreisen in den nächsten drei Jahren interessiert sind.  Zudem haben Befragte, die sich selbst eher als risikoaffin einschätzen, eine signifikant höhere Affinität zu Fernreisen (Reisen in der Vergangenheit und Pläne für die nächsten drei Jahre). Personen, die angeben, dass es ihnen wichtig ist, ihren ökologischen Fußabdruck beim Reisen gering zu halten, nehmen Fernreiseziele zwar allgemein weniger positiv wahr als diejenigen, die sich weniger Gedanken über ihre Umweltauswirkungen machen. Gleichzeitig zeigt jedoch die Gruppe mit hoher Wichtigkeit bei der ökologischen Nachhaltigkeit ein deutlich intensiveres Fernreiseverhalten in der Vergangenheit und zukünftiges Interesse als Personen, denen die Ökobilanz weniger wichtig ist. Dies verdeutlicht die große Kluft zwischen Einstellung und tatsächlichem Verhalten, die beim Thema nachhaltiges Reisen immer wieder festgestellt wird.

Am Beispiel vom Reiseziel Südafrika wurde untersucht, wie das Zusammenwirken psychologischer Aspekte (u.a. Wahrnehmung der Akzeptanz von Fernreisen im sozialen Umfeld oder der eigenen Kontrolle über die Durchführung einer Fernreise) auf Fernreisewünsche und -absicht wirkt. Eine vorläufige Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass die Mehrheit der Befragten eine generell positive Einstellung zu Südafrika als Reiseziel hat und Interesse und Freude über die Aussicht, das Land als Reise- und Tourismusziel zu erleben. Die Unterstützung einer Reise nach Südafrika durch ihre Bezugsgruppen (soziale Normen) wird wiederum eher kritisch gesehen. Allerdings scheint dieser Aspekt ihre Wahrnehmung gegenüber Südafrika nicht allzu stark zu beeinflussen. Ein zentraler Schlüssel für die Entscheidungsfindung der Touristinnen und Touristen ist jedoch auch die wahrgenommene Fähigkeit, die Handlung tatsächlich durchzuführen – in diesem Fall nach Südafrika zu reisen. Diese wahrgenommene Verhaltenskontrolle könnte besonders von den aktuellen Krisenzeiten betroffen sein. In Bezug auf Gesundheitsfragen (insbesondere Covid-19) fühlt sich die Mehrheit der Befragten ziemlich sicher, alle notwendigen Informationen zu erhalten. Dies scheint kein großes Hindernis mehr für eine Reise nach Südafrika zu sein. Allerdings ist nur ein Drittel der Befragten der Meinung, dass sie sich eine solche Reise angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine und der gestiegenen Energiekosten finanziell leisten können. Interessanterweise gab ca. die Hälfte der Befragten an, dass sie sich Sorgen über die Kriminalität in Südafrika machen und die Mehrheit ist sich auch bewusst, dass der CO2-Fußabdruck bei Reisen nach Südafrika nicht gering gehalten werden kann. Diese Aspekte könnten in einer realen Reiseentscheidungssituation folglich relevant werden. Weitere multivariate Analysen sind nun geplant, um das Zusammenwirken dieser einzelnen Aspekte noch tiefergehend zu untersuchen.

Die Befragung erfolgte Mitte bis Ende November 2022 online über das Bilendi-Konsumentenpanel innerhalb der deutschsprachigen Wohnbevölkerung von 18-74 Jahren (Quotierung nach Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildungsniveau) mit einer generellen Auslandsreiseabsicht innerhalb der nächsten drei Jahre und Bekanntheit von Südafrika mindestens dem Namen nach.

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